SpürVertrauen, Selbstwert & die Suche
Der Anlass dieses Artikels ist,
dass heute Abend eine Sendung ausgestrahlt wird, in der ich offen über Sex spreche. Nicht in meiner Rolle als Coach, sondern als Mensch. Richtig, ich erzähle über meinen Sex. Heute und früher. Ganz privat.
Ursache dieses Artikels ist etwas anderes.
Ich hatte nicht immer die Sexualität, die ich heute lebe. Auf der einen Seite ist das nur normal. Als Coach weiß ich, dass eben auch Sexualität gelernt wird. Alles eine Entwicklung ist. Und auch weiß ich, dass Sexualität unmittelbar mit dem Selbstwertgefühl zusammenhängt.
Mein eigener Selbstwert.
Heute und früher. Ich selbst sehe da einen riesigen Unterschied. Auch wenn ich es früher nicht so empfunden hätte, war er bis vor gut 1,5 Jahren im Vergleich zu heute klein. Und wenn ich mir anschaue, wie, mit wem und in welchen Situationen ich Sex hatte, bin ich versucht zu sagen, er war phasenweise beinah abwesend. Und dann gibt es noch eine andere Stimme. Eine die sagt: Das war doch alles pure
Neugierde.
Und ja. Auch diese Betrachtung stimmt. Es ist beides. Ich war schon immer sehr neugierig. Wollte mich ausprobieren. Mich erleben. Meinen Körper erleben. Erfahren, was passiert. Mit mir. Meinem Wesen. Meine Sexualität war dafür mein Spielfeld. Eine Arena, in der ich mich traute unterwegs zu sein. Mich sicher fühlte, bei all diesen Abenteuern.
Denn in meinen übrigen Lebensbereichen war das irgendwie anders.
Ohne, dass es mir auffiel damals. Ich nahm viel als gegeben hin. Hatte für mich noch nicht entdeckt, dass und wie sehr ich gestalten kann. Dass es möglich ist, mich auch mutig in anderen Arenen zu zeigen. Und dass ich alles habe, was ich brauche. So verdammt wertvoll bin …
Und so kam es, dass ich meinen Selbstwert stärkte.
Indem ich mich als sexuell frei, experimentierfreudig und offen definierte. Mich beinah darüber definierte. Begegnungen verschiedenster Art hatte. Nicht selten war ich dabei in einer Rolle, die aushielt. Die gehorchte, hübsch war, Vergnügen bereitete, Erwartungen erfüllte. Nicht selten ging ich dabei über Grenzen, ohne es dabei zu bemerken.
Wenn ich daran denke, ist das manchmal schmerzhaft.
Weil ich mir dann denke: Was hab ich da eigentlich gemacht? War ich damals wirklich frei? Oder habe ich einfach mitgemacht? Habe ich bewusst gewählt, was ich da erlebt habe? Auch kommen Gedanken, die sehr von Moral geprägt sind in meinen Geist. Und Gefühle, die ich als Scham verstehe, sammeln sich in meinem Körper.
Und doch ist es nicht so einseitig.
Ganz im Gegenteil. Diese Zeit war auch mein Lehrer. Sie hat mir letztlich gezeigt, dass es für mich auch andere Spielfelder im Leben gibt, in denen ich mich mutig zeigen kann. Sie hat mir gezeigt, was ich nicht will. Mich meine Grenzen erkennen und erleben lassen. Hat mich auf meinen Weg gebracht. Mich mein Selbst entdecken lassen.
So war ich einfach lange suchend.
Wenn ich unter die Schicht aus Erlebnissen schaue, war ich auf der Suche nach Spüren. Ich wollte meinen Körper spüren. Meine Emotionen. Meine Haut. Erregung. Schmerzen. Nervenkitzel. Liebe. Selbstliebe. Und ich war auf der Suche nach Vertrauen. Selbstvertrauen.
Mir selbst vertrauen.
Dem zu vertrauen, was ich spüre. Meinen Impulsen freien Lauf zu lassen. Mich durch meine Intuition leiten zu lassen. Dabei bewusst zu sein. Mich zu zeigen. Gesehen zu werden. Wahre Begegnungen zu erleben. Mit mir selbst. Und mit anderen. Das halten zu können. Diese spürbare Übermacht meiner Berührbarkeit. Und die mich dabei beinah zerberstende Freude darüber.
Die Kraft daraus
auszuhalten. Das Maß der entstehenden Lebendigkeit fassen zu können. Heute kenne ich diese Zustände. Habe sie gefunden. Sie werden mir mehr und mehr vertraut. Häufen sich. Und wenn ich gerade nicht in diesem Zustand bin, habe ich doch Zugriff auf das Gefühl, was dabei präsent ist. Das
hat meine Suche beendet.
Und mir ermöglicht, freier zu entscheiden. Wirklich zu wählen, was ich möchte. Nein zu sagen. Kraftvoll ja zu sagen. In erster Linie ja zu mir selbst zu sagen. Ja zu meiner Sexualität zu sagen. Und ja zu der Art und Weise zu sagen, wie ich sie leben möchte.
Mich auf eine ruhige Art befriedet.
So spüre ich heute, wie wertvoll ich bin. Dass ich alles habe, was ich brauche. Daraus entsteht eine mir wohltuende Bedürfnislosigkeit. Eine Freude darüber. Ein tiefes Vertrauen. In mich. Und in die Welt, die mich umgibt.
Weil das eben nicht immer so war, bin ich sehr dankbar.
Dafür, dass ich mich heute so erleben kann. Dafür, dass ich auf diesem Weg bin. Und für alles, was mir auf diesem Weg passiert ist, ich erleben durfte. Dafür, dass ich mittlerweile Menschen auf ihrem eigenen Weg unterstützen darf. Dabei meine Erfahrungen nutzen kann. Nicht, um sie direkt an andere weiter zu geben. Sondern um zu verstehen. Um mitzufühlen. Wenn jemand sucht.
Begleiten zu können auf der Reise mit sich selbst.
Das ist für mich ein wirkliches Geschenk. Denn letztlich geht es bei so vielem darum, den Zugang zu sich selbst zu finden. Und das weniger im Sinne einer dringenden Suche, sondern vielmehr im Sinne einer fröhlichen Erkundung. Im geschützten und wohlwollenden Rahmen. Sodass wirkliche Entfaltung geschehen kann. Ein Zugang ebenso erschaffen wie gefunden werden kann.
Mit SpürVertrauen.
Es fühlt sich an, als hätte ich darin viel gefunden. Nach manchem davon habe ich lange und voller Hingabe gesucht. Manches davon hatte ich nichtmal geahnt und doch hat es sich mir gezeigt. Ich verstehe SpürVertrauen als Zustand, als Kompetenz, als Haltung und als Headline für das, wie ich als Coach wirke und in die Welt trage.
Und doch wird es heute Abend für mich eine Herausforderung
diese Sendung anzuschauen. Zu erleben, wie das, was ich von mir preisgegeben habe, präsentiert wird. Mir selbst zuzuschauen, wie ich über Sex rede. Meinen Sex. Ganz privat. Sichtbar. Ich selbst. Verletzlich. Ich bin daran erinnert, wie wichtig es ist, alle Teile von mir selbst anzunehmen. Alte und eher vergangene ebenso wie neue und sehr lebendige.
Und ich bin wieder einmal darauf geschärft,
wie sich jemand fühlt, der von seiner Sexualität erzählt. Mit allem, was daran gut und schwierig ist. Ganz privat. Und verletzlich.
Dankbar